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Gibt es eine Steuergerechtigkeit?

... von Franz Fürst

 

Alle sind für Steuergerechtigkeit. Die Schwierigkeit ist nur die, dass jeder darunter etwas anderes versteht. Deshalb kann man sich leicht darauf einigen, Steuergerechtigkeit anzustreben. Wenn es aber konkret wird, scheiden sich die Geister. Es sind also Kompromisse notwendig auf dem Weg zur Steuergerechtigkeit.

Diese Kompromisse sind oft für viele oder gar alle unbefriedigend. Man könnte nun  denken, wenn alle unzufrieden sind, muss der Kompromiss gut sein. Dem ist aber nicht so. Es ist ein Leichtes, mit gesetzgeberischem Murks eine totale Unzufriedenheit zu erreichen.

 Steuergerechtigkeit muss sich an Prinzipien orientieren. Ein solches Prinzip wäre, jeder zahlt gleich viel Steuern (Kopfsteuer). In vielen (außersteuerlichen) Lebensbereichen ist das so. Dort sind die Preise für alle gleich.

 Ein anderes Prinzip ist: Wer mehr verdient, zahlt mehr Steuern als der, der weniger verdient. Innerhalb des letzten Prinzip sind unendlich viele Variationen möglich: Je nachdem, wie viel mehr bzw. wie viel weniger jeweils zu zahlen sei. Über dieses Maß gehen die Meinungen weit auseinander. Da aus den erhobenen Steuern verschiedene Sozialleistungen gezahlt werden, stehen die den Steuern zugrunde liegenden Prinzipien in einem engen Zusammenhang, mit den Grundsätzen, nach denen Sozialleistungen verteilt werden. Das sog. Bürgergeld, das manche fordern, muss schließlich von anderen bezahlt werden, die sich den Luxus einer ganzjährigen Freizeit nicht leisten können.

 Über die richtigen Prinzipien im Steuerrecht lässt sich trefflich streiten. Der Gesetzgeber sollte jedoch die grundlegenden Prinzipien, für die er sich entschieden hat, deutlich machen und auch konsequent durchhalten.  Dies würde nicht nur bei der Auslegung der Steuergesetze helfen, sondern auch der Akzeptanz der Steuergesetze dienen.

 Von Übel ist es aber, wenn der Gesetzgeber zur Prinzipienlosigkeit übergeht, und seine Prinzipien je nach Interessenlage ständig wechselt, wie es z. B. bei den Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte geschehen ist.

 Jahrzehntelang konnte man die Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitstätte mit einem bestimmten Betrag pro Entfernungskilometer als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzen. Voraussetzung war, dass man die Fahrtkosten aus eigener Tasche getragen hatte. Wer keine Auslagen für die Fahrt zum Arbeitsplatz hatte, durfte nichts absetzen. Fahrtengemeinschaften, die sich die Kosten teilten, durften die Kosten pro Entfernungskilometer nur entsprechend dem Bruchteil, mit dem sie Kosten getragen hatten,  geltend machen. Dieser Handhabung lag das Prinzip zugrunde, dass Kosten entstanden sein mussten, was sich aus den Begriffen „Werbungskosten“ und „Betriebsausgaben“ ergibt.

 Unter der rot-grünen Regierung wurde die Regelung dahingehend geändert, dass die Entstehung von Kosten keine Rolle mehr spielte. Es genügte, dass die Arbeitsstätte einen oder mehrere km von der eigenen Wohnung entfernt war. Bei Fahrtengemeinschaften konnte jeder den vollen Betrag ansetzen. Wer keinerlei Kosten hatte, ebenso. Damit wurde ein das Steuerrecht beherrschendes Rechtsprinzip, dass  nur echte Kosten und nicht etwa fiktive Kosten absetzbar sind, aufgegeben.

 Die große Koalition beschloss nun, dass Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte privat veranlasst und damit weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben seien, ließ aber entgegen diesem neuen Prinzip dennoch inkonsequenterweise die Abzugfähigkeit ab dem 21. km zu, während die Kosten für die ersten 20 km nicht abzugsfähig waren. Soviel Prinzipienlosigkeit hatte allerdings keinen Bestand vor dem Bundesverfassungsgericht, sodass jetzt wieder die unter der rot-grünen Regierung eingeführte Regelung gilt.

 Welche dieser Regelungen ist oder war nun gerecht?